Review Gabelöle

  • Hallo,

    ich habe keine Kosten und Mühen gescheut um Euch dieses Review zubieten und etliche Daten und Eindrücke über die letzten Monate zusammengeschrieben.
    Ein paar von Euch waren passiv an diesem Review beteiligt und dazu möchte ich hier kurz Stellung nehmen. Jedes der Öle hier ist Spitze. Punkt! Kleine Unterschiede bestehen aber und auf diese möchte ich noch eingehen. Alle Öle sind gemeinhin 5W. Die Leute die mich besser kennen wissen, dass ich auf diese Klassifizierung einen Schei*** gebe. Aber es hilft mir einen Sachverhalt zuverdeutlichen.
    Experimentell habe ich in meiner Gabel ein Motul 10W eingefüllt (und später auch das 7,5W ) um zu sehen ob ich mehr Dämpfung damit bekomme. Leider war der Gegenteil der Fall und ich will auch erklären warum dies so ist. Im kalten Zustand ist das Öl sehr dick. An "aufsteigenden Nadeln" (RN19 und RN22) sorgt das bereits für eine sehr hölzerne Hydraulik. Der Grund ist, dass die Shims die Hydraulikkolben nicht mehr schnell genug verschliessen können und es somit zu Spülverlusten kommt. Um dem entgegenzuwirken und um Bewegung in die Gabel zubekommen habe ich die Hydraulik geöffnet, Ölfluss damit erzeugt und Wärme ermöglicht. Unterm Strich bekommt man das Öl so zum Arbeiten, aber nur wenn man wirklich viel an den Settings unterwegs schraubt. Wenn das Öl dann mal arbeitet im warmen Zustand dann ist die Dämpfung aber identisch mit einem 5W. Man hat also nix gekonnt.

    Zu den getesteten Gabelölen:
    Öhlins 1309
    - temperaturstabiliät ist gut - fast so gut wie Maxima
    - Gleiteigenschaften würde ich im unteren Mittelfeld einordnen
    - Öl ist gut bei aufsteigenden Nadeln (RN19,RN22)
    - Preisgestaltung ist fragwürdig
    - Bindung von Abrieb ist schlecht

    Maxima Racing 5W
    - extrem stabil bei Temperaturunterschieden
    - fast keine Kavitation und so mit fast kein Dämpfungsverluste
    - gleitfähigkeit ist gut, aber nicht so gut wie beim Maxima 5W (ohne Racing)
    - Bindung von Abrieb ist sehr gut

    Maxima 5W
    - nicht ganz so stabil bei unterschiedlichen Temperaturen wie der Bruder, aber dennoch sehr gut
    - Gleiteigenschaften sind herausragend
    - Preis pro Liter ist Klasse
    - Bindung von Abrieb ist gut

    Motul Factory Line 5W
    - Gleiteigenschaften sind im Mittelfeld
    - Temperaturstabilität ist gut
    - Tendenz zu Kavitation bei offener Hydraulik (zum Beispiel bei kalten Temperaturen)
    - Bindung von Abrieb ist sehr gut

    Motul Expert 5W
    - Gleiteigenschaften sind im unteren Mittelfeld
    - Temperaturstabiliät ist schlechter als der Motul-Bruder
    - Tendenz zu Kavitation im kalten Zustand
    - Bindung von Abrieb ist schlecht, es sinkt einfach nach unten und verstopft die Hydraulik

    Wilbers 5W
    - Gleiteigenschaften schlecht
    - Temperaturstabilität schlecht
    - keine Tendenz zu Kavitation
    - Öl hält Abrieb azeptabel in der Schwebe

    Kayaba 01/ Yamalube 01
    - schlechte Temperaturstabilität
    - sehr gute Gleiteigenschaften
    - kaum Kavitation
    - Abrieb wird schlecht gebunden


    Aktuell teste ich noch Silkolene RSF 5W und ein Federbein-Öl (!) wird mal noch getestet. Schauen wir mal was dabei so rauskommt.

    Die Angaben oben stellen einen Querschnitt meiner Notizen über viele Monate dar. Ich betone nochmals, dass die Öle aber trotzdem gut sind!

  • finde ich interessant.
    Wie misst Du Dinge wie Kavitation,Gleiteigenschaften und Bindung des Abriebs ?
    Wo entsteht Kavitation in einer Gabel, was macht die dann ?

  • Die Gleiteigenschaften merkt man stark beim montieren von USD-Gabeln.
    MIt einigne Ölen merkt man schon wie gut sich die Kolbenstange bewegen lässt oder das Aussenrohr auf dem Chromrohr.

    Beim Abrieb ist es auch simpel. Ein Freund kommt nach jedem Rennwochenende und lässt das Gabelöl wechseln und die Simmerringe schmieren (er fährt auch ohne Staubkappen). Nach so einem Wochenende sieht man relativ gut wann und wie der Schmutz aus der Gabel kommt. Entsprechend kann man einen Aufschluss darüber bekommen ob der Schmutz in Schwebe gehalten wird oder einfach nur nach unten wandert.

    Kavitation merkt man beim Drucktest wenn man die Zugstufe prüft. Ab einem gewissen Punkt verliert die Zugstufe "schlagartig" an Wirkung und kontrolliert die Expansion der Feder nicht mehr. Das ist die Kavitation von der ich sprach....wenn der Fluss durch den hydraulischen Bypass so groß ist, dass das Öl seine Gase frei gibt.

  • Hallo, vorab finde ich es gut, dass du dich damit beschäftigst. Da ich immer schon der Meinung war, dass da Thema Fahrwerk etwas stiefmütterlich behandelt wird und viele Leute mit miserabelen Fahrwerken unterwegs sind.

    Was mir zu allererst aufgefallen ist sind deine Angaben zur Viskosität und Temperaturstabilität, hier liegst leider nur bedingt richtig mit deinen Eindrücken. Wobei deine Gewichtung bzw Einschätzung dieser Eigenschaften prizipiell korrekt ist. Schau dir bitte mal folgenden Link an:

    http://www.peterverdone.com/wiki/index.php…uspension_Fluid

    Hier findest du Angaben zu den Viskositäten bei 40°C, oft auch bei 100°C und den daraus resultierenden Viskositätsindex, der angibt wie stark die Viskosität durch Temperaturänderung abfällt. Höhere Zahl = Temperaturstabiler. Deine Öle sind mehr oder weniger eine bunte Mischung von 15mm²/s-29mm²/s, also nach Meiner Erfahrung kaum vergleichbar.

    Das Öhlins 1309 hat folgende Daten: kV40: 19.0 VI: 290 und ist damit deutlich "temperaturstabiler" als alle anderen genannten Öle, außer dem Silkolen RSF 5W und dem "Federbein-Öl", wobei das RSF eben auch eine Stoßdämpferöl ist (Ich nehme das als Ersatz für das Öhlins alte 309, das in den alten Ö-Stoßdämpfern war). VI dieser Öle liegt meist deutlich über 300, da die Federbeine verglichen mit einer Gabel in einem wesentlich größeren Temperaturbereich arbeiten müssen.

    Kavitation muss man in Dampf und Gaskavitation unterscheiden. Bei der vorliegenden Gaskavitation wird im Öl gelöste Luft, ja in einem Öl sind ca. 9% Luft gelöst, freigesetzt durch Unterdruck. Das dumme ist hierbei, dass selbst wenn den Druck wieder steigt sich die gebildeten Luftblasen nicht wieder sofort ins Öl einlösen -> Schaum. Das ist aber allen Kohlenwasserstoff-basierten Ölen in deiner Liste gemein und nicht wirklich von Marke und Qualität abhängig.

    Die sog. "Check-Valves" an den Druck und Zugstufenkolben verhindern eben dieses Verhalten, da sie als Rückschlagventile funktionieren. Im Grunde darf eine gute Cartridge keine Gaskavitation zeigen. "Komprimiert" wird immer nur das Öl im oberen oder unteren Teil, Nachströmen erfolgt über diese Ventile am Fuße (Druckstufe) der Cartridge bzw. am Zugstufenkolben. Trotzdem kann Schaum außerhalb der Cartidge entstehen, daher gehts ja auch in Richtung Gasvorspannung eines geschlossenen Systems, wie schon bei Stoßdämpern seit 30 Jahren üblich.


    Die Zugstufe im speziellen funktioniert nur über die Arbeit gegen das obere Volumen bei Zugbelastung. Hier kann keine Kavitation entstehen. Das Öl muss entweder durch Shimstack oder an der LowSpeed Nadel vorbei, Kolbenstangendichtung und Kolbenband müssen natürlich in sehr gutem Zustand sein um Leckage so gering wie möglich zu halten (hier hilft vielen Herstellern konstruktionsbedingt eine höhere Viskosität).

    Zum Thema Gleicheigenschaften/Losbrechmoment würde ich meinen, dass es wohl sehr auf die verbauten Dichtungen und deren Fettung ankommt. z.B. kann man die originalen Öhlins NOK Stangendichtungen nicht mit aktuellen SKF Dichtringen vergleichen.

  • Ich kenne das PVD-Wiki sehr gut und da ich viel mit Cartridge-Gabeln von Kayaba mache, ist der Fokus bei mir stark auf die Öle mit 15-16CST. Ein hoher Viskositätsindex ist ebenfalls eine feine Sache.
    Bedauerlicherweise kommen in meinen Beobachtungen die Öle nicht ganz so gut weg wie sie in ihren Datenblättern vorgeben. So erscheint mir das Öhlins 1309 nicht so temperaturstabil wie das Maxima Racing, welches aber einen niedrigeren VI hat.
    Die beiden Öle konnte ich auch schon in einer RN12 und RN19 Cartridge beobachten und im Falle meiner Gabel hat sich das mit den Klicks zwischen kaltem und warmem Setup auch so bestätigt.

    Das Check-Valves grundsätzlich der Kavitation entgegen wirken stimmt. Problematisch sieht die Situation allerdings aus wenn es am Zugstufenkolben kein Check-Valve gibt sondern ein Mid-Valve (als Teil der Druckstufe). Zusätzlich scheint die Kombination mit den originalen und "billigen" Kolben
    in den Gabeln ein Teil des Problems zu sein. Im speziellen mit den kleinen Bohrungen. Andreani-Kits oder Racetech Gold Valves machen da überhaupt keine Probleme über den gesamten Verstellbereich.

    Die Gleiteigenschaften...das bekommt man sehr wohl mit. Zum einen an der Kolbenstange und zum anderen beim Bewegen der Rohre (Stichwort Gleitbuchsen). Aber alle genannten Öle liegen relativ nah beieinander....wobei man sagen muss, dass so ein 15W von der Schmierung schon noch mal deutlich besser wird.

  • Finde das toll mal zu lesen was da in der Gabel passiert wenn ich auch Nichtmal eine Ahnung habe wie man das Setup mit den Kliks hin bekommt ich dreh hin und her manchmal denk ich nun passts dann nächster Tag andere Strecke alles wieder Anderst macht ganz schön verrückt. Seitenweise Listen mit den Klicks manchmal schüttelts dass ich meine mir fallen die Zeiger von der Armbanduhr zwei Tag später nix.?? Nur was für Fachleute.

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    Nie aber ist das Richtige das was man macht, sonder wie man es macht!! Anselm Feuerbach :thumbup:

  • @Joe Schlendrian

    Einen regelmäßigen Fahrwerksservice vorausgesetzt ist es ind er Regel ja so, dass du mit dem korrekten Negativfederweg (inkl. statischem NEgativfederweg im Heck) und der korrekten Zugstufe schon ein sehr gutes Fahrwerk hast

    -> aber ja...es geht vielen so. Zu vielen. Leider

  • Hab das ja vor 5000 km erst machen lassen beim Racetec Cartridge eingebaut . Federbein überholt auch voll einstellbar. Erst hab ich von Voll verstellbarem Fahrwerk geträumt nun ist es manchmal schon nervend die vielen Möglichkeiten der Verstellbarkeit.

    Aber wenn die auf den Rennstrecken die Abstimmung nicht immer treffen, wo ja spätestens nach 5 bis 6 km wieder selbe Bedingungen herrschen wie soll ich da, für dauernd neue Verhältnisse, den Punkt, den es ja nicht geben kann, treffen.
    Also bleibt nur immer schön drann bleiben und für manche Strecken so z. B. für aufs Johanniskreuz hab ich die Klicks schon auf der Liste aber abbiegen darf ic h halt nicht.

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    Nie aber ist das Richtige das was man macht, sonder wie man es macht!! Anselm Feuerbach :thumbup:

  • Ein Freund kommt nach jedem Rennwochenende und lässt das Gabelöl wechseln und die Simmerringe schmieren (er fährt auch ohne Staubkappen). Nach so einem Wochenende sieht man relativ gut wann und wie der Schmutz aus der Gabel kommt.

    Das mit dem Bericht finde ich top, hilft sicherlich dem ein oder anderen weiter - Danke dafür.

    An dem oberen Punkt wird es für mich interessant. Womit schmierst du den Bereich zwischen Staubdichtung und Gabeldichtring? Es gibt ja wohl eine Art Fett das man dort einbringt, um die Reibung zwischen Staubdichtung und Tauchrohr zu minimieren. Andere nutzen wohl auch die Bremspaste von ATE.


    Gibt es Erkenntnisse von dir welche Dichtringe (SKF, ARI, ....) den geringsten Stick-Slip Effekt/ das geringste Losbrechmoment besitzen?

    Lohnt es sich die Staubkappen weg zu lassen? Für die Rennstrecke hab ich mit dem Gedanken auch schon einmal gespielt...war mir dann aber doch zu unsicher sie weg zu lassen

    Das ein Fahrwerk nur bei ausreichender Temperatur gut arbeitet sollte eigentlich dem Großteil bewusst sein, aber wie du sagst leider nicht allen...
    Ich selbst bin jahrelang mit viel zu harten Fahrwerk mit dem Motorrad und dem Fahrrad unterwegs gewesen :D Irgendwann wird einem aber bewusst an welcher Schraube man drehen muss und wozu.

    Viele Grüße von der schwäbischen Alb

  • Ich selbst bin jahrelang mit viel zu harten Fahrwerk mit dem Motorrad und dem Fahrrad unterwegs gewesen

    Viele sind mit einem viel zu hartem (unsensiblen) Fahrwerk unterwegs. Größtenteils sind die Federvorspannungen falsch eingestellt, weil die denken, die Feder wird härter, wenn man sie mehr vorspannt. Das kann soweit gehen, dass du bei Unebenheiten beim Geradeausfahren fast die Kontrolle über die Kiste verlierst. Schon erlebt (bei einem ausgeliehenen Fahrzeug).

    austriaCe.gif


    :hook: