Over the Hills and far away…..ein Sommerreisebericht
Ende Juni 2019,ich habe für den Rest des Monats Ferien und die Wettervorhersage verspricht eine Hitzewelle über Zentraleuropa,da drängt sich eine Bergtour ja eigentlich von selbst auf.3 Tage sind dafür veranschlagt und soll mich über die Pässe Graubündens nach Südtirol und Trentino führen.Keine feste Routenplanung,immer der Nase nach und stets nach Lust und Laune.Karte habe ich dabei,Navi habe ich keines und wird auch nicht wirklich benötigt.Unterkunft auch nicht voraus gebucht,für einen allein Reisenden wird sich schon spontan was passendes finden.
Die Wahl der Begleiterin fällt auf die Benelli TNT,frisch bereift,aufrechte und bequeme Sitzposition ,stets genug Kraft auch für längere und steile Passbesteigungen und ausserdem hat sie sich bei der Austriatour durch recht ordentliches Benehmen auch über längere Distanzen qualifiziert.Dass sie ab und zu etwas ruckt und spuckt und unanständig säuft sowie angeblich streng riecht (das behaupten jene Zeitgenossen die hinter ihr herfahren müssen) dafür konnte ich ihr noch nie wirklich böse sein.
Beladung werde ich ihr nur wenig aufbürden,ich reise mit leichtem Gepäck,selbst die Regencombi bleibt zuhause.
Tag 1,Montag
Gestartet wird in Belp um 5.30h,noch angenehm frisch so früh am morgen.Tank bereits am Vortag gefüllt,Gepäck auch verzurrt und somit sofort startklar.Bereits um 7.00h bin ich oben auf dem ersten Pass,der Grimselpasshöhe hier ist es um diese Zeit sogar noch mehr als frisch,aber das wird von nun an nur noch wärmer und zwar deutlich und stetig.Als nächstes folgen Furkapass und Oberalbpass und der Übergang nach Graubünden,dort ware ich mit dem Motorrad schon seit Jahren nicht mehr. Via Ilanz und Flims geht es nach Chur und von dort aus via Churwalden und Valbella nach Lenzerheide.Der nächste Pass auf dem Programm ist der Julierpass und dann runter nach St.Moritz,ein sehr mondäner Ort und weltbekannt.Prachtbauten überall,schöne Landschaft,viele Touristen aber nicht dieser Massenmarkt der mir in den nächsten Tagen noch wiederholt begegnen wird.Auf dieser Tour ist nur das fahren an sich das Programm sondern es wird auch wirklich Zeit dafür verwendet bewusst die Landschaft und Umgebung anzusehen und Eindrücke aufzunehmen.Bei den Passbesteigungen ,je nach dem wie die Verkehrslage es zulässt wird dann auch mal wieder beherzter am Kabel gezogen. Die Auswirkungen auf den ohnehin schon bekannt hohen Spritverbrauch möchte ich mal höflich als „anspruchsvoll“ beschreiben.Als nächstes wird der Berninapass erklommen und der Wechsel über die Grenze nach Livigno,ein Zollfreigebiet und deshalb auch gleich nochmal getankt auch wenn es seit dem letzten Tankstopp erst 100 km waren,überhaupt werde ich noch erfahren dass es unter den gegebenen Umständen mit der R160 durchaus sinnvoll sein kann bereits nach 100 km Fahrstrecke erneut zu tanken da es durchaus vorkommen kann dass man im Verlauf der Tour in Gegenden unterwegs ist mit recht dünner Tankstellendichte oder solche antrifft die entweder gerade ausverkauft (ja kein Witz) oder in Mittagspause oder schlicht geschlossen sind….für TNT Piloten ein echtes Horrorszenario.
Nächster Pass ist der Passo di Foscagno,dann runter nach Bormio und nun den Stelvio hoch….Das Stilfser Joch ist ein musthave auf der Tour und hier ist dann auch der Teufel los,es ist früher Nachmittag und auf der Passhöhe geht es zu wie auf dem Bahnhof .Eine Bratwurst mit Kraut,die grobe Variante im dunklen Brötchen natürlich ist Pflicht,schmeckt sehr gut und kostet ein kleines Vermögen.Nun wieder abwärts Richtung Vinschgau ,die gefürchtete Seite des Stelvio mit den vielen Spitzkehren,erstmals ist Bremsfading an der Hinterradbremse spürbar.Ein Novum für mich bei der TNT das kannte ich bisher nur von diversen anderen besonders hübschen Italienerinnen.
Vinschgau bis Meran vorbei an Obstplantagen und Weinbaugebieten ist heftig,heiss und viel Verkehr echt anstrengend und wenig Freude spendend. Meran wir auf der Autobahn kurz umfahren bis Lana und dann zuerst das Gampen Joch rauf und andere Seite runter und Mendelpass rauf und runter.Die beiden kleineren Pässe entschädigen für die erlittenen Strapazen der letzten 1,5 Stunden.Hier ist absolut nichts los und die beiden Pässe machen echt Laune.
Bozen umfahre ich auf der Autobahn um Zeit und Nerven zu sparen und war ganz erstaunt dass inzwischen auch für kurze Distanzen ,in meinem Fall bis zur Ausfahrt Eggertal schon Geld kassiert wird auch wenn es sich nur um 70 Cent handelt.
Langsam wird es Zeit sich um eine Unterkunft für die erste Nacht zu kümmern und ich verbringe diese in Eggen in einem schönen Hotel bei freundlichen Gastgebern und mit mehr als fairem Preis-Leistungsverhältnis. Am Ende des Tages standen 598 KM auf dem Tageskilometerzähler. Nach 2 Glas Rotwein und einem Single Malt war genug Bettschwere für frühe Nachtruhe gegeben.
Tag 2,Dienstag:
Leider kann man hier in den Urlaubsregionen erst um 7.30h frühstücken und somit werden die Tage 2 und 3 später als eigentlich gewünscht in Angriff genommen.Um 8.00 brabbelt die TNT auf dem Hotelparkplatz los und die Fahrt geht Richtung Karersee und Karerpass in Richtung Canazei. In der Gegend um den Karersee herum haben die Stürme gewaltigen Schaden am Waldbestand angerichtet zu tausenden fielen die Bäume dem Wetter zum Opfer .Kein schöner Anblick .Die Gegend rund um Canazei ist wieder Touristenmekka pur,hier aber anders als in St.Moritz echte Massen an Fahrzeugen,Personen,Chaos und Touristenkitsch kein Ort zum verweilen für mich.Dafür steht mein persönliches Highlight direkt vor mir,Passo Pordoi mein absoluter Liebling aller mir bisher bekannten Passauffahrten.Hier wird nun wirklich soweit den Verkehrsbedingungen entsprechend die R160 den Berg hoch geprügelt und sie darf lauthals die Begeisterung in die Dolomiten brüllen.Als nächstes folgen Falzaregopass,Passo di Giau,Forcella Staulanza,Passo Duran runter bis Agordo und ein langes Tal entlang bis Arabba und dann über den Campolongo bis Corvara.Dann das Grödnerjoch hoch und runter via Selva und St.Christina über den Panidersattel runter ins Eisacktal.
Besonders in dieser Region von Arraba um die Sella Runde herum bis runter ins Grödnertal wird der Segen und der Fluch des Tourismus besonders deutlich. Selbst jetzt da noch keine echte Hochsaison herrscht ist hier überall ein Rummel der mir persönlich schon zuviel des Guten ist.Als Durchfahrt akzeptabel aber mehrere Urlaubstage möchte ich hier nicht verbringen.Unter der grossen Anzahl an Motorrad Reisenden trifft man alle Arten hier an und KTM hat sich inzwischen wohl eindeutig als Nummer zwei nach den BMW Modellen etabliert.
In Brixen ist dann Cafépause in der Fussgängerzone bevor es Richtung Sterzing das Eisacktal parallel zur Autobahn hoch geht.In Sterzing sehe ich eine gewaltige Steinbruchanlage und hier werden Felsmassen gigantischen Ausmasses gebrochen,gefördert und abtransportiert.Wahrscheinlich versucht die italienische Regierung ihr gewaltiges Budgetproblem im Staatshaushalt damit zu sanieren dass ein Teil der Berge hier abgetragen,nach China verkauft und dort wieder dem Vorbild entsprechend wieder aufgebaut.
In Sterzing geht es den Jaufenpass hoch und das Passeiertal runter nach Meran welches diesesmal nicht so bequem auf der Autobahn umfahren werden kann sondern durchquert werden will.Stop and go bei Affenhitze,ich gare in der Ledercombi im eigenen Saft.Die Benelli steckt die thermische Belastung locker weg,keine kritischen Temperaturbereiche aber dafür hustet und spuckt sie bei den tiefen Drehzahlen und mein linke Hand schmerzt durch den Kraftaufwand beim kuppeln ,nichts wie weg hier.
Es geht wieder durchs Vinschgau diesesmal in die Gegenrichtung und mit deutlich weniger Verkehr und somit auch flotter in Richtung Reschenpass.Anvisiertes Zielist eines der MoHo Hotels in Nauders direkt nach der Grenze auf der österreichischen Seite des Reschenpasses.Vorher dem einchecken nochmals tanken für Startbereitschaft am nächsten morgen.Diesesmal passen 14,7l in den Tank und nun endgültig die Entscheidung zukünftig wie bereits erwähnt durchaus auch mal eine frühere Tankpause .Unterkunft wieder alles bestens,war mein erstes MoHo Hotel und wirklich empfehlenswert.Am Ende von Tag 2 kamen 470 KM las Tagesetappe zusammen.